Der Roman erzählt von einer Frau, die äußerlich konventionell und konservativ erscheint, doch beim näheren Hinblicken höchst ungewöhnliche Denk- und Verhaltensmuster entwickelt.
So ist sie auf der Suche nach der wahren Liebe, die sie sich als Phänomen erschlossen hat. Und sie wendet spirituelle Techniken dafür an: sie hat einen göttlichen Gesprächspartner und verhandelt mit ihrem inneren Kind.
Zitat Klappentext: Sie hat die Kondition, um nächtelang zu feiern und den Charme, um die Menschen für sie einzunehmen.
Die Menschen mögen sie, allerdings Männer – da gibts Probleme.
Für Männer wird sie immer schnell zum Kumpel oder Mutterersatz.
Die Sexualität bleibt dabei immer auf der Strecke.
Lena Rotwald ist zum Zeitpunkt, wo wir sie treffen, seit 7 Jahren Single und lebt ein angenehmes in gute Freundschaften eingebettetes Leben.
Es geht ihr gut, wie es eben Menschen oft gut geht, die wissen, dass sie das kleinere Übel gewählt haben und damit zufrieden sein wollen.
Sie ist sehr selbständig und wirkt auch in ihrem Auftreten ziemlich selbstbewusst.
Prolog:
Der erste Teil zeigt nun noch ein bisschen von dem Lebensablauf Lenas, den Reaktionen ihrer Freunde und wie sie versucht, ihrem Dasein die positive Seite abzugewinnen. Und ein paar Urlaubsimpressionen.
Dann muss in einem Roman ja auch endlich etwas geschehen:
Auszug aus Kapitel 5:
Ihr Bein war bandagiert und sie trug deshalb eine lange schwarze Hose. Sie hatte einigermaßen mit sich gekämpft, denn sie hatte sich äußerst sorgfältig angezogen und hätte viel lieber einen ihrer kurzen Röcke getragen. Irgendwann im Laufe des Tages hatte sie es abgelehnt, weiter mit sich darüber zu diskutieren, warum das so war. Den ganzen Urlaub hatte sie nur Jeans getragen. Eigentlich hatte sie nicht einmal einen Rock mitnehmen wollen, weil sie doch auf Entspannungsurlaub war.
Warum also heute nun doch einen Rock?
No comment!
Lena!
Ich habe doch gar keinen an!
Das Knie zwickte ganz leicht, damit Lena ja nicht vergessen konnte, dass es ihm zu verdanken war, dass Lena keinen Rock trug und keineswegs eine freiwillige Entscheidung darstellte.
Ist ja gut, ist ja gut. Aber ich will einfach nicht darüber nachdenken. Ich bin auf Urlaub!
Als Lena, diesmal von der Uferstraße kommend, in die kleine geschwungene Gasse einbog, die von dieser Seite den Blick direkt auf die ‚Mimi-Bar‘ freigab, sah sie schon von Weitem, dass alles anders war.
Es gab keine Tischchen. U-förmig und straßenseitig offen war ein langer Tresen aufgebaut, an dessen beiden Seiten Menschen standen oder auf vereinzelten Barhockern saßen. Die Beleuchtung stammte fast ausschließlich von Kerzen, eine dreiköpfige Combo spielte Italo-Jazz. Anders konnte Lena dies nicht bezeichnen, Jazz-Standards auf schmachtend italienisch. In der Mitte des U und auf der Straße davor wurde getanzt.
Leicht amüsiert und doch auch etwas verstört betrat Lena das U und sah um sich. Alle Plätze schienen besetzt. Um jeden Barhocker hatte sich bereits eine Traube von Menschen gebildet. Was nun? Sitzen schien nicht möglich und sich einfach irgendwo hinstellen, das wollte Lena nicht.
Pippo kam auf sie zu. Sein Kindergesicht strahlte.
„Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, Signora. Ich habe für Sie Platz freigehalten bis jetzt“, verkündete er stolz.
Lena schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln – und Lächeln und Lachen war ihre Spezialität – und folgte ihm an die Bar. Er klopfte einem Mann auf die Schulter und sprach ein paar für Lena unverständliche Worte. Der Mann sprang vom Hocker und drehte sich nach Lena um. Er war zirka fünfzehn Jahre jünger als sie, groß, etwas zu schlank und farblos blond. Sein linkes Augenlid zuckte ein wenig, als würde er kokettieren, doch Lena meinte, dass es sich dabei eher um einen Tic handelte.
„Guten Abend“, sagte er mit dieser typischen weichen Dialektfärbung, die ihn sofort als Wiener auswies.
Er zögerte ein wenig.
„Mein Name ist Johannes“, sagte er dann und reichte ihr die Hand.
Sie nahm sie dankbar. Er schien ein angenehmer junger Mann zu sein und sie hatte mit einem Blick bereits festgestellt, dass Luigi heute nicht hier war. Es konnte also ein netter Abend werden.
Pippo stellte wortlos einen Campari Orange und ein Schälchen Nüsse vor sie hin und grinste ihr verschwörerisch zu. Johannes plauderte munter drauf los, immer wieder zwinkerte er mit einer Augenbraue und plötzlich merkte Lena, dass er sehr wohl kokettierte. Er baggerte sie tatsächlich schamlos an. Nicht aufdringlich, aber unmissverständlich.
Sie amüsierte sich prächtig. Die laue Spätsommernacht, der Kerzenschein, die schmachtende Musik, die Camparis und ein immer hübscher werdender junger Mann an ihrer Seite, der entzückend mit ihr flirtete. Was kann man von einem letzten Urlaubsabend mehr erwarten?
Er hob die Hand und winkte jemandem zu.
„Entschuldige bitte, aber da kommt mein Freund, er hat sich etwas verspätet.“
Da Lena verkehrt zu dem Herankommenden saß, sah sie ihn erst, als Johannes sagte:
„Lena, das ist Max. Hallo Max, das ist Lena“.
Es war Luigi! Der fescheste Italiener, den sie während ihres Urlaubs gesehen hatte, hieß Max und kam wie sie aus Wien.
Lena hatte plötzlich das Gefühl, als würde sie gleich vom Hocker fallen. Sie spürte, wie ihr ewig unsinniges Lachen in ihr hochkam und dachte: nein, bitte nicht. Da war es schon zu spät. Sie schaffte es gerade noch, es in ein ebenso unsinniges Kichern abzuschwächen, aber es war und blieb unsinnig.
Sie kicherte also und kramte in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch, steckte es, als sie es fand, wieder zurück und suchte nach etwas anderem, von dem sie niemals wissen würde, was es war. Sie griff nach ihrem Glas, nur leider war es leer. Sie griff nach der Schale mit den Nüssen, nur leider stand sie nicht mehr dort, wo sie eben noch gestanden hatte. Zum ersten Mal seit Jahren bereute sie, dass sie nicht mehr rauchte.
Eine Zigarette, ein Königreich für eine Zigarette!
Die beiden Männer betrachteten sie amüsiert. Johannes wackelte mit beiden Augenbrauen und Max schmunzelte auf sie herab.
„Ich muss mal“, krächzte sie und hüpfte vom Hocker.
Das hätte sie besser nicht tun sollen. Ihr Knie wollte nicht hüpfen und so kippte sie mit ihrem ganzen Übergewicht gegen Max. Der hielt sich geistesgegenwärtig an der Theke fest und vermied so schwerere Tumulte oder Verletzungen.
Das war nun aber für Lena denn wirklich zuviel. Sie lag an Max’s Brust und lachte, dass die Gläser klirrten.
Plötzlich stieg ein ganz leiser Duft von Zitronen in ihre Nase.
Mein Gott, roch der Mann gut!
Ihre Kniee zeigten nun alle beide Tendenzen nachzugeben und Lena entschied sich ganz plötzlich zu strategischen Maßnahmen. Immerhin konnte sie auf ein enormes Flirtpotential zurückgreifen. Da musste doch mit ein bisschen Routine etwas zu machen sein. Dann würde sie sich bald wieder fangen und es könnte vielleicht auch noch Spaß machen.
„Das ist meine Art zu flirten. Ich werfe mich so gut riechenden jungen Männern einfach an den Hals“, flötete sie.
„Und ich liebe es, wenn sich so gut riechende Mädchen an meinen Hals werfen“, konterte er. „Allerdings kenne ich mich beim Flirten nicht so gut aus. Es ist deshalb gut, dass du mir das sagst, ich hätte es tatsächlich als Unfall angesehen. Aber vielleicht gibt es ein bisschen Nachhilfe für mich?“
Oh oh.
„Solltest du wohl einen kleinen Augenfehler haben?“
Sie sah ihm mit einem koketten Blick in die Augen. Allerdings wurde ihr dabei etwas zu heiß. Oder war es kalt?
„Nicht, dass ich wüsste. Ich sehe jedes goldfarbene Pünktchen in deinen grünen Augen, und ich sehe auch, wie wunderbar warm diese Farbe ist.“
Es leuchtete ihr ein, dass er bei dieser Kerzenbeleuchtung goldfarbene Pünktchen in ihren Augen sah, aber wieso sah er, dass ihre Augen grün waren? Sie sah ja auch nur große Kohlenstücke, allerdings natürlich ebenfalls mit goldenen Pünktchen, oder waren es Sternchen?
„Sag lieber Mutter zu mir“, japste sie idiotisch, sich an Vertrautes klammernd.
„Ach, spielst du darauf an, dass du eventuell ein paar Tage älter bist als ich? Bilde dir nur ja nichts darauf ein. Es ist nicht dein Verdienst.“
Lena fehlten nur selten die Worte, aber jetzt war es so weit. Sie besann sich darauf, dass sie noch immer eng umschlungen mit Max da stand und in seine Augen schmachtete. Vielleicht umnebelte ja der Zitronenduft ihre Sinne.
„Ich muss mal“, wiederholte sie und war sich dessen furchtbar bewusst, dass sie nun, mit seinen Augen im Rücken, in ihrer schwarzen Hose davonhumpeln musste, anstatt wiegenden Schrittes in einem kurzen Röckchen mit ihren tadellosen Beinen wegzutrippeln.
Johannes sah verständnislos von einem zum anderen.
„Was ist denn mit euch los?“ fragte er.
Wahrscheinlich hatte er noch nie in seinem Leben solchen Schwachsinn gehört.
„Junior, geh spielen und lass reife Menschen ihre Konversation pflegen“, sagte der Mann, der nicht flirten konnte.Als sie zurückkam, war ihr Glas wieder frisch gefüllt, die Nüsse waren wieder an ihrem Platz und Johannes baggerte heftig zwinkernd die Nachbarin auf der anderen Seite an.
Max lächelte Lena entgegen. Lena hatte sich wieder einigermaßen in der Gewalt. Sie wusste zwar nicht, was da lief, aber sie hatte beschlossen, den Abend und die Anwesenheit dieses wohlriechenden Bildes von einem Mann zu genießen.
„Warum hinkst du, hast du dich verletzt?“ erkundigte er sich mitfühlend.
„Mein altersadäquates Knie hat das viele Spazieren gehen nicht vertragen.“
„Ist nur eines altersadäquat?“ fragte er grinsend.
„Ja, das andere ist lediglich weich“, ging sie in die Offensive.
„Dann bleib bloß schön hier sitzen und mach ohne meine stützende Hand keinen Schritt mehr.“
Zur Bekräftigung legte er seine Hand auf ihre, die sofort in Schweiß ausbrach. Es ärgerte sie, denn sie hätte lieber die Führung des Flirts übernommen und dazu wäre es gut gewesen, nun mit seiner Hand wie geistesabwesend herumzuspielen und dadurch natürlich auch die langen Nägel ins Geschehen zu bringen. Aber …!
Lena verzog die Lippen und hoffte, dass es wie ein Lächeln aussah. Rechtzeitig besann sie sich auf ihre Augen, sie schloss sie ein ganz klein wenig und sah ihn von unten herauf an. Mehr ging nicht, denn er lächelte sie so zärtlich an, dass ihr sofort alles entglitt. Ihr Kiefer klappte herunter und sie starrte ihm mit offenem Mund ins Gesicht.
Sein Blick wurde fragend, aber er sprach kein Wort.
Lena wurde sich plötzlich ihres faszinierten Starrens bewusst. Sie riss die Hand unter seiner hervor und den Kopf auf die andere Seite.
Pippo! Wo war nur Pippo?
Oh, sie brauchte ihn gar nicht. Ihr Glas war ja voll. Ihre Hand zitterte darauf zu. Nein, nehmen konnte sie es jetzt nicht. Was sollte sie denn nur tun? Am liebsten würde sie losheulen.
Aber Lena!
Sie spürte Max’s Hand leicht auf ihrem Rücken. Mit der anderen griff er unter ihr Kinn und drehte ihr Gesicht wieder zu ihm. Er sah sie ernst, fast feierlich an.
„Nicht …“, sagte er leise. „Bitte nicht!“
Er nahm ihren Campari von der Theke und reichte ihn ihr. Dann prostete er ihr leicht zu, trank einen Schluck, nahm ihr das Glas wieder aus der Hand und küsste sie ganz zart auf die Schläfe.
Nein! Nein! schrie es in ihr.
Warum nicht? schrie es aus einer anderen Ecke zurück.
Hilfe! Was ist das? brüllte es in ihrem Bauch.
Verliebt! Verliebt! kreischte wer in ihrem Kopf.
„Um Gottes Willen!“ stöhnte ihr Mund.
„Wie bitte?“ fragte Max.
Sie wurde schwindlig, holte tief Luft und im Ausatmen ließ sie sich einfach an seine Schulter sinken. Die Zitronen umfingen sie und trugen sie in die Musik hinein, die sein Knabbern an ihrem Ohr in ihrem Inneren erklingen ließ.
„Wie lange bleibst du noch?“ hörte sie seinen samtweichen Bariton auf sie zuschweben.
„Morgen Nachmittag fahre ich heim.“ Im Augenblick war es irgendwie tröstlich für sie. Daheim war sie sicher.
„Morgen?“ Sie glitt von seiner Schulter, weil er sich so abrupt aufrichtete.
„Kannst du nicht verlängern?“
„V-verlängern? N-nein! W-wieso?“
Er sah sie fast erschrocken an.
„Ich bleibe noch zehn Tage!“ Beinahe schrie er es.
Ja? Und?
Er winkte Pippo.
„Komm, lass uns gehen.“
Waaas?
„Ich kann nicht … Nein, nein! Ich kann nicht … gehen … Nein, nein“, stotterte sie.
„Mit mir kannst du alles!“
Oh Gott!
Er half ihr fürsorglich vom Hocker. Der Schmerz im Knie war verschwunden, irgendwie war alles verschwunden. Vor allem der Boden unter ihren Füßen. Johannes zwinkerte auf sie zu.
„Wir gehen nach Hause, Lena reist morgen ab“, erklärte Max ihm knapp.
Nach Hause? Was hieß nach Hause? Wo war ihr Zuhause? Sie war einsam und verlassen auf einer Insel, hunderte Kilometer entfernt von zu Hause und wurde gerade mit Zitronenduft betäubt und entführt.
Katharina! Wo bist du?
Dieter! Warum hilfst du mir nicht?
Rudi! Er ist da! Es gibt ihn! Den Mann, der kein Weichei ist. Der mir, Helena Rotwald, sagt, was zu tun ist. Und mich nicht mit öden Fragen löchert. Was denkst denn du? Was fühlst denn du? Ich sehe doch, dass du willst … und dergleichen.
Wir gehen nach Hause, sagt er. Und aus!
Nun erfährt unsere Lena das erste Mal in ihrem Leben, wie es ist, wenn ein Mann die Führung übernimmt. Die sexuelle Situation bietet nie vorher da gewesenes.
Und dann wirds spannend: Sie will natürlich lieben. Er will sie nicht zum Kumpel oder zu seiner Mutter machen.
Aber …
Zitat Klappentext: Mit Max kann Lena ihre Sexualität heilen. Aber kann Lena Max die Liebe bringen? Und kann Lena ihre Selbstliebe mit ihrer Liebe nahtlos verbinden, wie sie es als These aufgestellt hat?
Max hat Leichen im Keller, die er vor Lena geheim halten will. Das Verhängnis seines Lebens liegt jedoch in dem Geheimnis, das er gar nicht kennt und das Lena durch ihr Verhalten unaufhaltsam in die Nähe der Kellertreppe bringt. Um ihre Liebe zu retten und Max in dieser Liebe unterzubringen, wählt Lena den Weg des Herrn.
Evelyne Weissenbach über „… und Lena liebt“:
Ich habe es mir nicht leicht gemacht.
Auch wenn es sich so herrlich leicht liest.
Es war ein Teil meiner persönlichen Aufgabenstellung – ich wollte ein Buch schreiben, das sehr viel Tiefgang hat und doch sollte es spritzig und leicht lesbar sein.
Ich wollte eine Frau beschreiben, die vordergründig angepasst scheint, jedoch absolut unkonventionell agiert und mit der man sich aber so leicht identifizieren kann, dass man genau aus diesem Grund darüber nachdenkt, warum sie das tut.
Und dort sollten meine Geschenke an die Leser versteckt sein.
Versehen mit großen rosa Schleifen aus Humor und Erotik. Verziert mit meiner Tagebuch-Lyrik.
Deshalb habe ich jedem Kapitel ein Gedicht vorgesetzt.
Doch eigentlich wollte ich Mut machen.
Mut zur Wahrheit, Mut zur Selbstliebe, auch Mut zur Angst, einfach Mut zum Leben.
Ich wollte aufzeigen, dass spiritueller Zugang zum Selbst und Umgang mit spirituellen Mitteln keineswegs bedeuten muss, sein Leben in Leinensäcken fristen zu müssen.
Oder ein Gespräch mit Gott keineswegs mit Schizophrenie gleichzusetzen ist oder nur Kerzen schluckenden Pseudogläubigen vorbehalten bleibt.
Es ist eine spannende Geschichte geworden.
Die Figuren sind während des Schreibens immer plastischer geworden und – beinahe wie beim Zauberlehrling – haben sie ein Eigenleben entwickelt, das mir während des Schreibens große Überraschungen beschert hat.
Es war ein herrliches Abenteuer.
Und doch ist es kein Abenteuerroman.
Sondern ein Roman über die Ewigkeit von Lenas Liebe.